Ambidextrous Innovation
Warum tun sich gewachsene Unternehmen so schwer mit Innovation?
Der Erfolg der deutschen Wirtschaft basiert auf den Erfolg unserer vielen meist mittelständischen Unternehmen, die – oft familiengeführt und in 3. Generation – ihre Nische auf dem Weltmarkt gefunden haben. Das sind die sogenannten Hidden Champions, die heimlichen Weltmarktführer eines ganz speziellen Nischenmarktes. Sie haben ihr Geschäftsmodell auf die Anforderungen des Marktes optimiert. Zum Glück haben diese Unternehmen eine positive Geschäftsentwicklung und verdienen mit ihrem Geschäftsmodell noch gutes Geld. Das kann aber auch ein Nachteil sein, wenn man nicht den Wandel frühzeitig erkennt und sein Geschäftsmodell kontinuierlich anpasst. Es besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf zum Wandel und das behindert auch das Entstehen von Innovationen, insbesondere von radikalen Innovationen. Das ist das typische Phänomen des Innovators Dilemma, das der Harvard Professor Clayton Christensen als Innovationsbremse bezeichnet.
Wie sind aus Deiner Sicht in diesem Zusammenhang Ansätze wie „Start-Up Garage“ etc. einzuschätzen?
Grosse Unternehmen etablieren in ihrer Organisation Inkubationszentren, Acceleratoren und Intrapreneurship Programme. Solche Konzepte sind für mittelständische Unternehmen nicht umsetzbar. Es fehlt die kritische Masse innerhalb des eigenen Unternehmens, die solche Institutionen und Programme rechtfertigen. Mittelständische Unternehmen brauchen kollektive Einrichtungen, die von mehreren Unternehmen gemeinsam genutzt werden können. Im Grunde genommen kann es die Rennaissance der Kooperativen werden, wenn sich Unternehmen zusammen tun, um gemeinsam an Innovationen zu arbeiten. Hier können Hochschulen eine zentrale Rolle spielen, indem sie einerseits ihr Netzwerk zu den Unternehmen nutzen, andererseits auch talentierte Studierende für Innovationsinitiativen gewinnen. Hochschulen könnten solche Kooperativen Zentren aufbauen. Die Analogie zum Silicon Valley liegt nahe, wo sich Menschen mit verschiedenen Ideen zu Startups zusammen tun, um ihre ersten unternehmerischen Schritte in der Garage, meist der von den Eltern, zu gehen.
Kann man auch umgekehrt „Innovationskeime“ im Unternehmen pflanzen?
Man kann nicht, man muss Innovationskeime im Unternehmen pflanzen. Denn auch externe Kollektive Innovationszentren brauchen den Bezug zum Unternehmen. Hier kann man von den Grossen lernen und Konzepte entsprechend für die Belange mittelständischer Unternehmen adaptieren. Ein Beispiel: Der „Google Friday“ ist bereits als Konzept derart in der Industrie bekannt, dass man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit gibt, einen Anteil seiner Ressourcen für die Ideengenerierung neuer Produkte und Dienste zu nutzen. Eine Möglichkeit zur Adaption in mittelständischen Unternehmen: in die Projekte der kollektiven Inkubationszentren bindet man neben Studierenden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen mit ein, die zeitweise an den Ideen mitarbeiten, aber aus dem Tagesgeschäft bewusst für einen Tag die Woche etwa herausgezogen werden.